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Amano80

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Dienstag, 13. November 2007, 16:26

Clive Barker´s Jericho - eine Hassliebe

Clive Barker´s: Jericho – eine Hassliebe

Da das Spiel von der Fachpresse sowohl verrissen als auch hochgelobt wurde und der geneigte Zocker nun überhaupt nicht mehr wusste was er von dem Spiel halten soll, wurde es Zeit sich das Spiel mal selbst zur Brust zu nehmen und ausgiebig auf Herz und Nieren zu testen.

ALLER ANFANG IST SCHWER
Das Spiel beginnt relativ unspektakulär. Das Jericho-Squad (ein Einsatzkommando zur Erforschung und Säuberung paranormaler Anomalien) wird per Hubschrauber an seinen Einsatzort gebracht. Hier herrscht ein unnatürlicher Sandsturm, weshalb es zu Fuß weitergeht. Nachdem sich das Team im „inneren“ des Sturms befindet tauchen auch die ersten Gegner auf. Zunächst spielt man den Anführer der Truppe, Devin Ross, der als besondere Fähigkeit einen „Heilzauber“ hat mit dem er kampfunfähige Kameraden wiederbeleben kann.

Die ersten Minuten des Spiels sind ziemlich mühselig. Man latscht ziemlich oft von A nach B ohne Feindkontakt. Wenn man dann auf Feinde trifft, sind die Kämpfe mit den Gegnern zu einfach, da nur ein paar von ihnen auftauchen und die KI wirklich strunzdoof ist oder es tauchen so viele Feinde auf, dass man mit dem Feinde killen und Teammitglieder heilen kaum nachkommt und oft das Zeitliche segnet. Die einzelnen Mitglieder des Jericho-Squad haben zwar alle mehr oder weniger nützliche Fähigkeiten, doch wenn die KI die Kontrolle hat werden diese zu selten eingesetzt.

Nach diesen ersten (vermurksten) Minuten endet der Prolog damit, dass unseren Held das Zeitliche segnet und man von nun an als Geist zwischen den Teammitgliedern wechseln kann. Die Fähigkeiten der einzelnen Mitglieder des Jericho-Squad werden dann im Laufe des Spiels (wenn sie benötigt werden) erklärt. Danach kann man sie uneingeschränkt verwenden. Einige Fähigkeiten sind im Kampf nützlich (wie z.B. Churchs Blutbann oder Delgados Feuerdämon), andere werden an vorgeschriebenen Stellen verwendet (Blacks Telekinese oder Jones´ Astralprojektion). Je nach Gegnerart und Situation empfiehlt sich so der Einsatz des ein oder anderen Mitglieds dadurch mehr oder weniger.

KNARREN UND ZAUBER
Die Mitglieder des Jericho-Squad, ihre Waffen und ihre Fähigkeiten sind:
Cpt. Devin Ross (Sturmgewehr/Schrotflinte) – Heilkunst
Father Paul Rawlings (Doppelpistolen) – Geisterheilung und Vlad´s Fluch
Lt. Abigail Black (Scharfschützengewehr/Granatwerfer) – Telekinese und Geisterkugel
Sgt. Frank Delgado (Minigun und Pistole) – Feuerdämon und Feuerbarriere
Sgt. Wilhelmina Church (Nodachi und Maschinenpistole) – Blutbann und Feuerbann
Cpt. Xavier Jones (Sturmgewehr/Schrotflinte) – Astralprojektion und Besitzergreifung
Cpl. Simone Cole (Sturmgewehr und Granaten) – Endlosschleife und Feuersturm

Die KI der eigenen Kameraden ist nicht schlecht, jedoch auch nicht wirklich überragend. Wie bereits erwähnt verwenden sie ihre Fähigkeiten nicht so wie sie es könnten (abgesehen von Rawlings´ Heilzauber), doch sie erledigen auch schon mal einige Gegner auf eigene Faust. Gelegentlich kommt es jedoch auch zu Aussetzern, wo schon mal jemand nur dumm in der Gegend rumsteht obwohl die Gegner auf das Team einstürmen.

Man kann seinen Kameraden auch 3 Befehle erteilen: Mir folgen!, Auf Position! und Stellung halten! Dieses Feature ist jedoch weitestgehend unnötig und wird im Spiel kaum gebraucht – das hätten sich die Entwickler auch sparen können. Man ist nur selten darauf angewiesen und wenn, dann ist es vom Spielablauf so geplant. Dadurch wirkt das Ganze irgendwie aufgesetzt und ist ein krampfhafter Versuch etwas Taktik ins Spielgeschehen einzubringen.

GAMEPLAYSCHWÄCHEN
Die Steuerung bedarf leider einiger Eingewöhnungszeit. Alles wirkt irgendwie „schwammig“ da die Kamera IMMER schwankt und zwar ordentlich, auch wenn man stillsteht! Anfangs nervt das ziemlich, doch irgendwann hat man sich daran gewöhnt. Das Wechseln zwischen den Teammitgliedern ist zu Beginn recht hakelig (A gedrückt halten und dann auf dem Steuerkreuz auswählen – das DOPPELT belegt ist). Im Laufe des Spiels gewöhnt man sich aber auch daran und es geht immer flotter. Problematisch hier ist zusätzlich die Tatsache, dass die A-Taste auch dazu benutzt wird um bestimmte Ereignisse in Gang zu setzen (Granaten platzieren, Qutcktime-Event starten usw.).

Das Spiel bietet nicht gerade viel Abwechslung. Meistens geht man von A nach B nach C …usw. wobei jeweils mal mehr und mal weniger Gegner auftauchen. Das Spiel ist vollkommen linear und bietet keinerlei alternative Routen. Innerhalb der Levels gibt es nichts zu entdecken. Keine Geheimnisse, keine Goodies, NICHTS! Munition wird nach Bedarf von Cole oder Jones „gespawnt“. Das geht meist flott, jedoch kann es auch schon mal vorkommen dass man darauf warten muss und auf einmal mitten im Getümmel mit leeren Wummen dasteht. Komischerweise hat man in Levelabschnitten, wo keiner der beiden zur Verfügung steht immer auf wundersame Weise genug Muni – ohne dass sie jemand spawnt. Die Idee mit dem Spawnen der Munition ist jedoch im Großen und Ganzen eine gute Lösung, denn dann liegt wenigstens keine Uzi-Munition in 2000 Jahre alten Ruinen rum (wie wir es von anderen Spielen kennen).

Eine Energieanzeige gibt es im Spiel nicht, wenn man zu viele Treffer eingesteckt hat, verfärbt sich der Bildschirm pulsierend rot, was noch durch entsprechende Sounduntermalung (schweres Atmen und Herzschlag) unterstützt wird. Dann sollte man schleunigst das Weite suchen und sich eine Weile ausruhen.

Aufgefrischt wird das Gameplay von gelegentlichen Quicktime-Events von denen viele gescriptet sind aber auch einige zufällig auftauchen (z. B. im Nahkampf mit Gegnern). Diese erfordern eine schnelle Reaktionsgabe und sind ziemlich happig. Bei den gescripteten Events kann man jedoch sofort wieder von vorne anfangen, falls es mal schiefgeht, denn das Spiel speichert automatisch vor diesen Sequenzen. So hält sich der Frustfaktor im Rahmen.

Die Bossfights sind fett inszeniert und kommen gut rüber, jedoch ist nicht immer sofort klar wie man vorgehen muss und so geht man schon mal das ein oder andere mal drauf, bevor man rausfindet wie´s geht.

Das Spiel speichert automatisch an Checkpoints, die jedoch relativ gut verteilt sind. Ein manuelles speichern ist leider nicht möglich.

Es stehen 3 Schwierigkeitsgrade zur Verfügung. Insgesamt ist das Spiel ziemlich happig und fordert selbst geübte Zocker auf dem normalen Schwierigkeitsgrad.

FLÜSSE AUS BLUT UND DUNKLE GEMÄUER
Die Atmosphäre im Spiel ist einfach überragend! Die Areale sind sehr stimmig, das Gegnerdesign ist großartig und Musik und Soundeffekte fügen sich perfekt ins Bild ein. Der ein oder andere mag vielleicht kritisieren, dass die Areale so dunkel und immer bluverschmiert, zerstört oder schleimig sind, aber hey – so sieht es nun mal in einer von Dämonen beherrschten Welt aus!

Die Grafik ist gute Mittelklasse. Alles sieht schön glaubwürdig ekelig aus. Die Texturen schwanken zwischen gut und Mittelmaß. Insgesamt ist das Spiel rein Optisch der Hammer, die Umgebung ist jedoch (fast) gar nicht interaktiv und wirkt dadurch steif und stellenweise wie eine Albtraum-Tapete.

FAZIT
Ich liebe und ich hasse es. Einerseits hat es so eine tolle Atmosphäre und Story, andererseits sind einige Stellen dermaßen bockschwer, dass man das Pad am liebsten fressen möchte! Außerdem sind einige grobe Schnitzer im Gameplay unübersehbar. Wer Horror und Shooter mag, sollte aber unbedingt einen Blick drauf werfen. Das Spiel ist jedoch nichts für ungeduldige und sehr happig vom Schwierigkeitsgrad (Frustgefahr). Fans von Spielen wie Doom 3, Quake 4, Return to Castle Wolfenstein und Painkiller wird das Spiel gefallen, wenn sie die Messlatte nicht zu hoch hängen, denn deren Klasse (abgesehen von Painkiller) erreicht das Spiel nicht. Man muss halt aber auch das Setting und die Thematik mögen (Schwer bewaffnetes Team in Lack und Leder mit Zauberkräften erlegt Dämonenscharen). Die Geschichte wird sehr gut erzählt und ist interessant. Die Deutsche synchro ist zwar nicht Oberklasse, jedoch ist sie wirklich gut gelungen und kann sich echt hören lassen. Das Spiel bietet einige grafische Schmankerl die einem die Kinnlade runterklappen lassen (ich sag nur „Brandenburger Tor“ und „Kolosseum“).

Die Langzeitmotivation ist nicht sonderlich groß. Hat man das Spiel einmal durchgespielt, gibt es keinen Grund es noch mal zu zocken, es sei denn man ist ein Gamerscore-Geier. Ein Multiplayer-Modus ist leider nicht vorhanden. Alles in allem hab ich dennoch sehr viel Spaß (und einigen Frust) mit dem Spiel gehabt.

Meine Wertung: 7 von 10 Punkten :thumb:

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