Moinsen,
Vor fast genau acht Jahren debütierte die Tony Hawks Serie auf der Playstation und revolutionierte nicht nur das Funsportgenre, sondern platzierte sich auch gleich auf dem Genretron und herrschte von dort aus beinahe eine ganze Dekade lang, ohne jemals größere Konkurrenz fürchten zu müssen.
Doch nun schickt sich EA an, eben diese Bastion der Videospielgeschichte einzunehmen und will die Herzen aller (virtuellen) Skateboardfreunde im Sturm erobern.
Der Anspruch lautet: So realistisch wie möglich. Das gilt nicht nur für das Spielgefühl, sondern auch für die Umgebungen. Die fiktive Stadt San Velona orientiert sich an real existierende US-Metropolen und verzichtet auf die bei Tony Hawks üblichen, aber halt unrealistischen, skateboardfreundlichen Objekte, wie geschwungene Häuserwände und meterlange "Rails".
Wie bei EA-Spielen mittlerweile Gang und Gäbe, wird skate. hauptsächlich mit den beiden Ministicks gesteuert. Der linke bewegt den Skater, während der rechte für Ollies, Fliptricks und Shove its genutzt wird. Grabs erreicht man mit den Schultertasten.
Tony Hawks Fans benötigen also eine gewisse Zeit, bis sie sich an die anspruchsvolle Steuerung gewöhnt haben, am Anfang drückt man als Veteran doch recht häufig die Buttons, anstelle mit L und R die Griffel an das Deck zu packen.
Wer die sog. "Flickit" Steuerung aber erstmal halbwegs beherrscht, wird mit einem angenehmen Spielgefühl belohnt, das momentan seinesgleichen sucht. Ja, so in etwa hat es
sich damals angefühlt, als man seine ersten Gehversuche auf dem Skateboard gemacht hat.
Das Trickreportoire ist umfangreich, Kenner vermissen jedoch den ein oder anderen Trick und vor allem die Möglichkeit die Stadt zu Fuß mit dem Deck unter dem Arm zu erkunden. So muss
man das ein oder andere Mal umständlich mit dem Rollbrett unter den Füßen an die Stelle gelangen, von der man den nächsten Trick oder die nächste Line starten möchte. Auch muss man sein Board regelmäßig umständlich neu ausrichten, wenn man mal an einer Ecke hängen bleibt. Ein spezieller Marker lässt Euch aber jedes Mal wieder von dem gleichen Punkt starten, man kann aber immer nur einen Punkt setzen, schade.
Zum Glück fährt in dem weitläufigen San Velona auch eine U-Bahn, die dem ambitionierten Padakrobaten zu den wichtigsten Stadtteilen befördert. Das ist sehr praktisch, da die lebendig wirkende Stadt teilweise schon recht trist daher kommt. Man muss halt wie im echten Skaterleben nach passenden Spots zum skaten suchen. Dabei stören öfters mals Autos, Fußgänger, oder gar agressive Ordnungshüter, man merkt schnell, dass Skater nicht überall in der Stadt willkommen sind.
Grafisch hinterlässt der Titel einen soliden Eindruck, teilweise ruckelt es hier und da mal und der EA-typischen agressiven Einsatz von Filtern trübt ab und an den Spielgenuss, aber man kann ja schließlich nicht alles haben.
Die Animationen bei den Tricks und den Bewegungen sind sehr fein, die Stürze sind allerdings eher unspektakulär.
Die Sounduntermalung orientiert sich an Skateboardtypsichen Klängen. Hip-Hop, Rock und Punk untermalen die Skaterei auffallend unaufdringlich, der Kommentator jedoch nervt in der deutschen Version mit einer flapsigen, pseudocoolen Aussprache, krasser Fehler von EA und alles andere als fett. Wer schon Fifa Street damals nur mit Ohrenstöpseln spielen konnte, wird wenig Freude an der im Off immer anwesenden Nervensägen haben, tolerante Naturen ignorieren den Sprücheklopfer einfach.
Wer gerne seine Kunststücke zur Schau stellt, ist bei skate. an der richtigen Stelle. Ein umfangreicher Videoeditor lädt zu ausgiebigen Film- und Fotosessions ein. Die besten Medien lassen sich direkt aus dem Spiel hochladen und der Onlinecommunity präsentieren.
Löblicherweise funktioniert dies auch im Onlinemodus, so dass richtige kleine Skatefilme möglich werden. Leider sind die festen Kameraperspektiven nicht immer ausreichend, um sein virtuelles Alter Skaterego in Szene zu setzen, hier wäre ein wenig mehr Flexibilität wünschenswert gewesen.
Aber apropos Online: Auch skate. bietet dem Xbox Live Fan jede Menge Möglichkeiten, seine sozialen Kontakte auf die virtuelle Ebene zu beschränken: Die Server bieten Ranglistenspiele, normale und private Sessions für bis zu sechs Spieler (PS3: 1-4).
Die Spielmodi orientieren sich dabei an den typischen Spielarten: Best Trick Contests, Jams, Spotchallenges und "S.K.A.T.E." (ähnlich wie Horse bei THPS).
Ein Novum stellen jedoch die sog. "Deathraces" dar, bei denen man möglichst schnell von A nach B durch diverse Checkpoints skaten muss.
Ebenso ist es möglich, wie bei PGR3 anderen Spielern bei ihren Onlinesessions zuzusehen.
Und kann skate. denn nun Ansprüche auf den Genretron stellen? Darf man es überhaupt mit Tony Hawks vergleichen? Ja und ja. Denn mangels Alternativen beim Thema Skateboard auf Konsolen, muss der Vergleich erlaubt sein. EA reduziert den Sport auf das Wesentliche, während die THPS-Serie seit Jahren mit einer "Höher, schneller, weiter" Philosophie stagniert und von Jahr zu Jahr mehr Fans vergrault. Sie hat ihren Zenit überschritten, was sich skate. zunutze macht und einen ungetrübten Einblick in die harte Welt des Skateboardens vermittelt. Für mich ist skate. ganz klar die Referenz.
Fazit:
Ein Wahnsinnspiel mit leichten Fehlern. Wäre man nicht gezwungen auf dem Board zu kleben, die Grafik ein Fitzelchen feiner, wäre skate. schon jetzt nahezu perfekt.
Es ist herrlich motivierend sein Trickreportoire zu erweitern, die Stadt nach geeigneten Spots abzusuchen und diese möglichst spektakulär zu meistern.
Online "rocken" vor allem die Deathraces.
Das Spiel macht einen frischen, realistischen Eindruck und gehört eigentlich in jede Videospielsammlung. Für alle Fun- und Extremsportfans ist es einen Blick wert, für Skateboardfans ist ein absoluter Plfichtkauf.
Wer sich noch nicht sicher ist, kann sich selber ein Bild machen, denn sowohl auf dem 360-Marktplatz, als auch im PSN-Store gibt es eine Demo, die einen recht guten Eindruck vermittelt.
Wer im Übrigen das ein oder andere Verständnisproblem mit meinem Test hat, der sollt einen Blick auf den Wikipedia Artikel
Skateboard-Jargon werfen.
Zum Schluss noch eine kurze Anmerkung zur PS3-Version: Auf Sonys Konsole lässt sich skate. zwar ein wenig besser steuern, jedoch vermiest die mittelmäßige Grafik (verwaschene Texturen, ungenaues Mipmapping, heftiges Aliasing) und die Beschränkung auf 4 Spieler im Online Multiplayer den Spielspaß doch etwas zu arg. Multikonsoleros greifen deshalb eher zur 360-Fassung.
Pro:
- Große frei erkundbare Stadt
- Hoher Realismusgrad
- Motivierendes Tricksystem
- Sehr umfangreich
Contra:
- Grafik teilweise übertrieben
- Man kann die Stadt nicht zu Fuß erkunden
- Teilweise triste unspektakuläre Umgebung
Wertung:
Gameplay: 91 %
Umfang: 85 %
Grafik: 85 %
Sound: 80 %
Multiplayer: 85 %
Gesamt: 89 %